Kreisverband Bremerhaven
Bürgermeister-Smidt-Str. 88
27568 Bremerhaven

04.11.2001

Offener Brief an

Bundesumweltminister Jürgen Trittin

und Claudia Roth

Vorsitzende des Bundesvorstandes


Atomtransporte über Bremerhaven

Lieber Jürgen, liebe Claudia,

wir mussten gestern der örtlichen Tagespresse entnehmen, dass am Freitag ein Atomtransport von der Columbuskaje in Bremerhaven zur Wiederaufbereitungsanlage Sellafield verschifft wurde.

Nach unseren Informationen handelte es sich hierbei um einen Transport von defekten Brennstäben, der aus der Schweiz kommend, quer durch die gesamte Republik fuhr, ohne dass relevante, begleitende Sicherheitsmassnahmen erfolgten. Erst in Bremerhaven eskortierten Polizeikräfte den Transport von der Autobahn über die Cherbourger Str. in das Hafengebiet.

Wir halten dies für einen unglaublichen Vorgang!

Während in den USA über allen Atomanlagen der Luftraum gesperrt ist, hier in unserer Republik Menschen in Panik verfallen, wenn sie weiße Briefumschläge erhalten, lässt unser grüner Umweltminister und der "grüne" Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz weiter Atomtransporte kreuz und quer durch Deutschland schippern, als hätte es einen 11. September nie gegeben! Unverständlich erscheinen uns diese Transporte auch im Hinblick darauf, dass in einigen Bundesländern Atommüll-Transporte aus Sicherheitsgründen abgesagt wurden.

In diesem Zusammenhang möchten wir Euch an die Pressemitteilung unserer grünen Abgeordneten im Europäischen Parlament, Hiltrud Breyer, erinnern. Hiltrud gibt in dieser die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie von WISE- Paris zu den Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague wieder, wo es u.a. heißt:

"nach dieser Studie führt schon jetzt die Wiederaufbereitung verbrauchter Brennelemente in Sellafield und La Hague zur größten menschengemachten Freisetzung von Radioaktivität weltweit. Diese Freisetzungen, - ohne Unfall !- Entsprechen jedes Jahr denen eines großen Nuklearunfalls. Das ist das Tausendfache der Strahlung eines normalen Atomkraftwerkes"

Die Forderung von Hiltrud, so schnell wie möglich ein Moratorium für beide Anlagen zu veranlassen schließen wir uns an.

Verbinden dies aber mit der, unserer Meinung nach logischen Schlussfolgerung, ab sofort keine weiteren Transporte in die beiden Wiederaufbereitungsanlagen durchzuführen!

Weiter liegen uns Informationen vor, dass in den nächsten Wochen, in 14tägigen Rhythmus, Transporte aus England, über Bremerhaven nach Hanau verbracht werden sollen.

Auch dieses halten wir aufgrund der aktuellen politischen Situation für nicht akzeptabel.

Wir Grünen in Bremerhaven haben uns im engen Schulterschluss mit den Grünen in den Landkreisen Wesermarsch, Cuxhaven und Landesvorstand Bremen gegen den geplanten Bau eines Zwischenlagers am Kernkraftwerk Unterweser ausgesprochen.

Nach dem 11. September haben sich unsere Bedenken und Zweifel am Sicherheitskonzept dieses geplanten Zwischenlagers erheblich erhöht.

Wir haben uns in Kenntnis der vor Ort bestehenden Bedenken gegen den Bau dieses Zwischenlagers, geplanter Atomtransporte und der geplanten Novellierung des Atomgesetzes während der Sommermonate Juli und August intensivst bemüht eine Podiumsdiskussion für den Herbst dieses Jahres zu organisieren.

Hierzu haben wir uns bemüht VertreterInnen aus dem Bundesumweltministerium, dem Bundesvorstand und der Bundestagsfraktion sowie des Bundesamts für Strahlenschutz nach Bremerhaven einzuladen. Leider ist es uns nicht gelungen, auch nur eine(n) VertreterIn aus den vorgenannten Institutionen hierfür zu gewinnen. Vor dem Hintergrund, dass hier vor Ort ein erheblicher Diskussionsbedarf besteht, bedauern wir diesen Verlauf.

Wir möchten Euch dringend bitten:

- zur Zeit keine weiteren Atomtransporte durchzuführen
- das Kernkraftwerk Unterweser abzuschalten, denn es stellt nach dem 11. September 2001 ein noch größeres Sicherheitsrisiko dar, als zuvor.
- alle sicherheitsgefährdeten Kernkraftwerke abzuschalten
- ein Moratorium (im Sinne von Hiltrud Breyer) für Sellafield und La Hague zu veranlassen, weil die Vergiftung und Verstrahlung so nicht hinnehmbar ist
- die Aussagen der Reaktorsicherheitskommission für die derzeitigen Atomanlagen in der BRD bei der nun mehr erforderlichen Reformulierung der erhöhten Sicherheitsstandards für Atomanlagen aller Art, die sich in der BRD befinden, zu berücksichtigen

Mit freundlichen Grüssen


Für den Kreisvorstand Kreisverband Bremerhaven

Anke Krein, Vorstandssprecherin
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, KV Brhv.

Büro: Bürger 88
27568 Bremerhaven
Tel. 0471/3087 240
e-mail:krein@gruene-bremerhaven.de