Kurzbericht
von den Aktionen gegen die CASTOR-Transporte
aus Stade/Brunsbüttel nach La Hague

Es ist wieder einmal gelungen, erhebliche Polizeikräfte allein durch den Protest vor Ort und die Ankündigung von Aktionen zu binden. Zentrum des Protests war Harburg, das beide Transporte passieren mussten, um im Güterbahnhof Maschen verkoppelt zu werden.

Am Montag abend fanden sich 300-400 Leute zu einer Demo durch Harburg ein, die als Einstimmung für mögliche Blockadeaktionen gedacht war. Ganz überwiegend junge Leute, nur sehr vereinzelt Grüne. Der LV Hamburg war beim Protest völlig abgetaucht, anwesend waren nur wenige Grüne aus dem Bezirk Harburg, wie Julia Carmesin. Deutlicher erkennbar die Regenbogen-Fraktion, die großenteils die Organisation der Demo und das Infozentrum vor Ort übernommen hatte. Nach der Demo blieben etwa 150 Leute, die bereit waren, den Transport auf den Schienen zu "empfangen". Vorbereitet wurde nach dem Bezugsgruppenmodell von X-tausend; es gab aber erhebliche Koordinationsprobleme zwischen dem Hamburg Aktionskomitee gegen Atom, AGA, und X-Tausend, soweit anwesend.

Vielleicht hat das mit dazu geführt, daß die AGA-Leute den rechten Zeitpunkt zum Aufbruch auf die Schienen verpaßten. Der mögliche Blockade-Ort und der Weg dahin waren klug gewählt, nur war der CASTOR gerade vorbeigerollt, als die ersten BlockiererInnen dort eintrafen. Ein schwerer und vermeidbarer Fehler, wie meine ganze "Bezugsgruppe" fand.

Ich bin dann mit X-Tausend Leuten zu einem weiteren Ort des Geschehens, Suderburg, südlich von Uelzen gefahren, wo sich etwa 40 Menschen einfanden. Hier gelang es kurzfristig, die Schienen zu besetzen. Allerdings wurde die Aktion durch ein starkes Polizeiaufgebot, mit Hubschraubern eingeflogen, beendet - vor Eintreffen des Transports. Dennoch ist es vereinzelt gelungen, kurzfristig die Schienen unmittelbar vor dem CASTOR zu besetzen. Es ist erhebendes Gefühl, diesem Unheilszug mit V-Zeichen entgegenzugehen und ihn zum Abbremsen zu zwingen. Aber natürlich war mit so wenig Menschen keine Blockade möglich.

Es ist bei diesen Transporten wieder gelungen, die Gegenseite zu massivem Material- und Personaleinsatz zu zwingen. Allerdings war die Zahl der Engagierten, verglichen zum Wendländischen März, sehr klein. Deprimierend empfinde ich die geringe Resonanz aus Hamburg selbst. Es will mir nicht in den Kopf, daß sich aus der 1,7 Millionen Stadt nur höchstens 300 Menschen zu einer Demo aufmachen und noch deutlich weniger zu "mehr" bereit sind. Von HH-Hauptbahnhof bis Harburg sind es nur 4-5 S-Bahn-Stationen! Ich begreife auch nicht recht, warum es dort nicht mehr das Gefühl einer Bedrohung durch immerhin 4 stadtnahe AKWs zu geben scheint, von denen 4 in Westwindlage liegen. Wenige Großstädte sind derart AKW-umkreist wie Hamburg.
Daß die Hamburger Grünen als Organisation abgetaucht waren, ist aus meiner Sicht ein großer Fehler. Selbst Konsens-Befürworter müssen doch einsehen, daß Protest gegen die Atommüllverschiebung nach La Hague mehr als legitim sind und daß Stade nicht dadurch sicher wird, daß die Anlage noch 3 Jahre weiterläuft und damit die sonst fällige umfassende Sicherheitsüberprüfung umgeht. War es denn leeres Geschwätz, wenn Grüne bei Stade immer auf das nicht ausschließbare Risiko eines Reaktorbruchs bei Vollbetrieb hingewiesen und daher die Sofort-Stillegung verlangt haben?

Trotz alledem: Die Aktionen waren gut und wirksam. Grund genug, nicht locker zu lassen, weiter zu machen, hoffentlich demnächst mit mehr Grüner Beteiligung.

Hartwig Berger
15.05. 2001

 

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